BRÜSSEL/RUHRGEBIET. Aufgrund eines andauernden Vertragsverletzungsverfahrens sieht sich die deutsche Bundesregierung gezwungen, die Umsetzung der Dünge-Verordnung in Deutschland im Schnellverfahren durchzusetzen. An diesem Freitag (27. März 2020) soll der Deutsche Bundesrat über die Novelle entscheiden. Der CDU-Europaabgeordnete für das Ruhrgebiet, Dennis Radtke MdEP, hat sich daher nun gemeinsamen mit weiteren Abgeordneten von CDU und CSU an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) gewendet und angesichts der Lage der Landwirte um eine Aussetzung der Umsetzung der Dünge-Verordnung gebeten. Auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie tritt Radtke ganz klar gegen zusätzliche weitere Belastungen für die heimische Landwirtschaft ein: „Eine ortsnahe Nahrungsmittelproduktion ist wichtig. Die Landwirte brauchen daher jetzt Luft zum Atmen anstatt zusätzliche Erschwernisse.“
„Auch bei uns im Ruhrgebiet gibt es ca. 165.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche.“, betont Dennis Radtke. Dies entspricht einem Anteil von über einem Drittel der gesamten Fläche des Ruhrgebiets. Von den landwirtschaftlichen Betrieben betreiben 75% Viehhaltung, wären also bei der Entsorgung von Gülle und Festmist betroffen. Getreide wird im Ruhrgebiet auf einer Fläche von 56.000 Hektar angebaut. „Auch in unserer Metropolregion Ruhr haben wir hart arbeitende Landwirte mit kleinen Familienbetrieben von durchschnittlich 42 Hektar, die sich jeden Tag mit ihrer Arbeit für die Versorgung der heimischen Bevölkerung einsetzen.“, so lobt der CDU-Abgeordnete.
Fachlich habe es bereits in der Vergangenheit einen regen Austausch mit den Europaabgeordneten und der Europäischen Kommission gegeben. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die geforderten Maßnahmen der guten fachlichen Praxis widersprechen. Eine Reduzierung der Düngung in den Überschreitungsgebieten (roten Bereichen) stelle keine bedarfsgerechte Düngung der Pflanzen dar. Humusaufbau und damit ein Beitrag zur Kohlenstoffspeicherung würden damit zunichte gemacht. „Technisch werden Landwirte aufgrund der verlängerten Sperrfristen mehr Lagerkapazitäten für Gülle und Festmist bereithalten müssen. Dies heißt: Lagerkapazitäten müssen zeitnah gebaut und damit erweitert werden. Aufgrund der Corona-Krise und der damit verbundenen eingeschränkten Arbeitskapazitäten von Baufirmen dürfte dies allein schon rein zeitlich sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, umzusetzen sein. Zudem bräuchte es dafür aus politischer Sicht zuvor die Erteilung einer Baugenehmigung durch den Gemeinderat vor Ort. Diese Verfahren ziehen sich erfahrungsgemäß unter normalen Umständen bereits sehr in die Länge, in Zeiten der Corona-Krise werden sich die Gemeinderäte in den kommenden Wochen und Monaten aber nur auf das Wesentliche konzentrieren.“, so die CDU/CSU-Abgeordneten in dem Schreiben an die EU-Kommissionspräsidentin.
In dem Schreiben der Abgeordneten heißt es weiter: „Gesellschaftlich gesehen müssen wir auf zwei Dinge achten: Die Nitratwerte des Grundwassers und den Selbstversorgungsgrad der heimischen Landwirtschaft.“ Dazu der heimische Abgeordnete Radtke: „Wir brauchen sauberes Trinkwasser, welches die gesetzlich geforderten Nitratwerte einhält. Die Nitrat-Messungen der letzten Jahre zeigen allerdings bereits an vielen Stellen deutlich bessere Werte und bestätigen: Wir sind auf dem richtigen Weg.“
Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie würde ersichtlich, so die Abgeordneten Richtung EU-Kommission, wie wichtig ein hoher Grad an Selbstversorgung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln aus Deutschland sei. Dazu brauche es die heimische Landwirtschaft.
Die ganz klare Botschaft der EU-Abgeordneten an die Adresse der EU-Kommissionspräsidentin lautet: „Gewähren Sie ein Aussetzen der nun zu beschließenden Novelle bis zum Düngejahr 2021! Dies hilft unserer Landwirtschaft vor Ort und stellt die Nahrungsmittelversorgung sicher.“
„Mittelfristig ist eine Überarbeitung der aktuellen Richtlinie auf europäischer Ebene unbedingt notwendig. Dabei muss dann unbedingt ein EU-weites einheitliches Messverfahren festgelegt werden.“, betont der Christdemokrat Radtke. Unter der derzeitigen Nitrat-Richtlinie sei keine einheitliche, verlässliche und vergleichbare Messung der Nitratwerte in den jeweiligen EU-Mitgliedstaaten möglich.
Radtke abschließend: „Ich hoffe, Ursula von der Leyen denkt an die Lage der vielen betroffenen Landwirte in ihrem Heimatland Niedersachsen. – Das würde auch den betroffenen Landwirten im Ruhrgebiet und in Nordrhein-Westfalen helfen.“